Jahreshauptversammlung 2022 - Bericht des Vorsitzenden

von Dr. med Henning Jaeschke

Jahreshauptversammlung 2022

Bericht des Vorsitzenden Dr. Michael Berbig

 

Liebe Mitglieder des Ärztenetze Kreis Ahrweiler eV,

als Vorsitzender des Ärztenetzes möchte ich den Geschäftsbericht für das abgelaufene Vereinsjahr halten.

Seit der Mitgliederversammlung am 16. Juni 2021 hat sich der neu gewählte Vorstand Corona- u. Flut-bedingt nur zu insgesamt vier Zoom-Vorstandssitzungen versammelt. Die sonstige Kommunikation verlief ansonsten intensiv per Handy u. Emails.

Zum Zeitpunkt unserer Jahreshauptversammlung waren wir alle noch zuversichtlich, dass sich in den kommenden Wochen die Coronalage weiter bessern würde und in unseren Praxen und Kliniken die Arbeit entspannter würde. Doch dann kam die Flut.
In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 zerstörte eine verheerende Flutwelle das gesamte Ahrtal.
Alle Ortschaften von Schuld bis Sinzig wurden von einer teilweise bis zu 8 Meter hohen Flutwelle überflutet. Die komplette Infrastruktur im Ahrtal mit Gas, Strom, Straßen und Brücken etc. wurde zerstört. Über 50 Arztpraxen (davon die Hälfte im hausärztlichen Bereich) waren betroffen. Manche Praxen wurden von Wasser und Schlamm total zerstört. Die Kolleginnen und Kollegen konnten sich z. T. selbst nur knapp vor den Fluten retten. Oftmals wurde mit der Praxis ein Lebenswerk zerstört. Die in höheren Stockwerken betriebenen Arztpraxen konnten wegen fehlendem Strom, Wasser und Personal nicht betrieben werden. Das Marienhaus Klinikum in Bad Neuenahr musste aus dem gleichen Grund evakuiert werden. Erheblich zerstört wurde die Dr. von Ehrenwall`sche Klinik und das Gefäßzentrum Dr. Bauer sowie mehrere Rehakliniken.

Hauptaufgabe für unser Ärztenetz war nach dieser Katastrophe vor allem die Sicherung der medizinischen Versorgung und die Koordinierung der Patientenströme. Hier hat sich gezeigt, wie wichtig eine gute Vernetzung untereinander ist. Über Handy und WhatsApp-Gruppen konnten viele Kolleginnen und Kollegen erreicht und unterstützt werden. Mit Unterstützung des DRK und des Krisenstabes der Kreisverwaltung konnten zwei mobile Arztpraxen in Ahrweiler und Dernau/Rech aufgestellt und betrieben werden. Ein uns angebotener  Praxisbus der Deutschen Bahn konnte an die KV-RLP abgetreten werden, die damit in Bad Neuenahr eine zweite Bereitschaftsdienst-Praxis betrieb.

Danken möchte ich in diesem Zusammenhang den Kolleginnen und Kollegen sowie den Schwestern des Krankhauses Maria Hilf und der Klinik Niederrhein, die in den ersten Wochen Dienst in den mobilen Arztpraxen (Containern) machten und unkompliziert halfen. Danken möchte ich insbesondere auch Herrn Dr. Frank-Peter Kaesler, der mit mir die Dienstpläne erstellt hat und mit mir auch mehrfach im Flutgebiet unterwegs war.

Für alle anderen ging es erst einmal darum, die Praxen aufzuräumen und die ambulante Versorgung aufrecht zu erhalten. Besonders erwähnen möchte ich beispielhaft Herrn Dr. Klaus Korte aus Ahrbrück, Frau Dr. Steffi Nacke aus Altenahr, Frau Dr. Astrid Näkel aus Dernau und Herrn Dr. Michael Masanneck in Rech, die alle auf sich allein gestellt vorbildlich unter katastrophalen Umständen Notpraxen installiert haben und die Bewohner der Dörfer Tag und Nacht bis zur Erschöpfung versorgt haben.

Mittlerweile funktioniert die Gesundheitsversorgung im Ahrtal wieder auf gutem Niveau. Selbst die schwerstbetroffenen Praxen und Kliniken arbeiten wieder. Dies z.T. in Notunterkünften oder anderen Standorten. Ohne die vielen Helfer im Ahrtal wäre auch das nicht zu schaffen gewesen. Zusätzlicher Dank geht auch an die Ärztekammer und die KV Rheinland-Pfalz, die für finanzielle Unterstützung gesorgt haben.
Trotzdem leiden nicht nur die zerstörten Praxen unter Honorarverlusten und Einkommenseinbußen. Durch die zerstörte Infrastruktur, weggezogene Patienten und persönliche Schicksale ist der Praxisbetrieb oft noch reduziert. Auch wissen viele immer noch nicht, welche Schäden von den Versicherungen und der Wiederaufbauhilfe des Landes ersetzt werden.

 

Trotz Flutkatastrophe und Corona konnten wir unser Innovations-Fond-Projekt „Hand-in-Hand“ erfolgreich weiter führen. Die Patientenrekrutierung ist mittlerweile beendet und im Projekt wurden insgesamt 734 Patienten/-innen eingeschrieben und versorgt. Wir sind stolz, dass wir dieses Projekt im Kreis Ahrweiler erfolgreich beenden werden und sind auf die Auswertungen gespannt. Die Patienten sind auf jeden Fall sehr zufrieden und die teilnehmenden Kolleginnen und Kollegen sind und waren auf jeden Fall dankbar für die Unterstützung.

 

Im Herbst kam es dann zu Unruhe unter den niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen, da die KV Rheinland-Pfalz wieder einmal die Notdienstregelungen geändert hat. Neben neuen Dienst- und Öffnungszeiten in den ärztlichen Bereitschaftspraxen wurde der Fahrdienst ausgeweitet. Auch wenn die KV Rheinland-Pfalz das Modell als Erfolg verkauft, kam es zu großem Unmut in der Ärzteschaft. Durch die ausschließliche Online-Terminvergabe von Diensten war es dem Leiter der ärztlichen Bereitschaftsdienstpraxis nicht mehr möglich, in den Dienstplan frühzeitig einzugreifen. Zur Folge konnten mehrere Dienste, vor allem an den Feiertagen nicht ausreichend besetzt werden.
Das größte Problem hatten die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen mit den neu eingeführten Änderungen für den Hintergrunddienst der ärztlichen Bereitschaftsdienstpraxen. Zuvor war es so, dass der Hintergrunddienst nur für die zugehörige Bereitschaftsdienstpraxis zuständig war. Durch die Änderungen war es nunmehr so, dass man im Rahmen des Hintergrunddienstes in mehreren Bereitschaftsdienstpraxen eingesetzt werden konnte. Das bedeute für uns, dass wir auch in den ÄBP Mayen oder Neuwied eingesetzt wurden. Dazu waren aber die meisten nicht bereit und dies hat viele so sehr verärgert, dass sich kaum Freiwillige für diesen Dienst meldeten.
Beim Fahrdienst fehlte des Weiteren in der ÄBP Bad Neuenahr der zugesagte Fahrer, so  dass viele Kolleginnen einfach Angst davor hatten, nachts alleine zu Hausbesuchen in abgelegenen Regionen unterwegs zu sein.

Wir haben nach wie vor kein Verständnis dafür, dass man ein bisher gut funktionierendes Notdienstsystem im Kreis Ahrweiler wiederum zum Schlechteren für uns Ärzte/-innen vor Ort und für die von uns versorgten Patienten/-innen geändert hat. Für einen Hintergrunddienst nur für den Bereich des Kreises Ahrweiler hätten wir z.B. auch weiterhin genügend Freiwillige. Die von der KV RLP gebetsmühlenartig vorgetragenen Behauptung, dass durch die Änderung des Notdienstes es zu einer besseren Versorgung der Patienten und auch für die Ärzte besser geworden ist, kann ich, wie so viele, nicht nachvollziehen und bezweifle dies auch. Aus meiner Sicht ist die Patientenversorgung eher schlechter geworden.

Unsere Beschwerden und Proteste bei der KV haben wohl Wirkung gezeigt. Die KV hat zugesagt, dass es ab sofort keine Zwangsverpflichtungen für die Hintergrunddienste mehr gibt. Um wieder Herr des Geschehens zu werden, haben wir zusätzlich Folgendes geändert: Dr. Christian Maschmeyer unterstützt auf Kosten des Ärztenetzes Herrn Dr. Stefan Heinen beim Dienstplan. Unser Ziel ist wieder eine frühzeitige und langfristige Planung des Bereitschaftsdienstes. Dafür werden wieder Präsenz- oder Zoom-Versammlung aller Interessierten Bereitschafts-ärztinnen/ärzten durchgeführt und wir werden versuchen, den Dienstplan wieder frühzeitig für das ganze Jahr zu erstellen. Zusätzlich haben wir nochmals die Zulagen für alle Feiertage erhöht. Auf diese Weise hoffen wir, alle Dienst mit Freiwilligen besetzen zu können. Ob uns das gelingen wird, können wir jedoch nicht zu 100 Prozent garantieren. Wir werden auch weiterhin für alle unsere Mitglieder, die die BDZ-Umlage bezahlen  versuchen deren Dienste mit Freiwilligen zu besetzen.

 

Zum Thema Corona möchte ich nach dem ganzen Chaos nicht mehr viel sagen. Trotz der vielen Probleme mit der Impfstoffbeschaffung und den nahezu täglich wechselnden Vorschriften hat die Ärzteschaft es geschafft, alle Impfwilligen zu impfen. Ob im Impfzentrum, in der Corona-Ambulanz, im Impfbus oder auch in den Praxen – die Mitglieder des Ärztenetzes haben die Bevölkerung im Kreis Ahrweiler bezüglich Corona gut versorgt. Warten wir mal ab, wie es weiter geht.

 

Ein weiteres Projekt, das wir gerne unterstützen, ist jetzt an den Start gegangen: Ein SAPV-Stützpunkt im Kreis Ahrweiler (Spezialisierte ambulante Palliativversorgung). In diesem neuen Projekt geht es um die Versorgung von Schwerstkranken und Sterbenden, damit diese auch weiter zu Hause im familiären Umfeld bis zum Tode gut versorgt werden können. Die drei Träger des stationären Hospizes im Ahrtal betreiben diesen SAPV Stützpunkt. Die leitende Ärztin Frau Dr. Brumhard wird sich und das Projekt später persönlich kurz vorstellen.

 

Im letzten Jahr musste unser Sommerfest Corona-bedingt leider zum 2. Male ausfallen. Aber für dieses Jahr planen wir wieder ein Sommerfest im Winzerhof Körtgen - am Freitag, den 08. Juli 2022. Und wir hoffen dann auf einen ebenso guten Besuch wie in früheren Jahren. Wir sind der Meinung, dass wir nach den anstrengenden Corona-Jahren und der Flutkatastrophe endlich mal wieder feiern sollten. So freuen wir uns auf hoffentlich viele nette Gespräche im Kreise der Ärzteschaft.

 

Zum Abschluss möchte ich mich bei allen Mitgliedern und insbesondere bei meinen Vorstandskolleginnen u. -Kollegen ganz herzlich für Ihren Einsatz und Ihre Hilfsbereitschaft in diesem Katastrophenjahr bedanken. Die Ärzteschaft hat gezeigt, dass sie bis zur Erschöpfung - auch unter katastrophalen Bedingungen - allzeit für ihre Patienten da ist. Gerade in den hinter uns liegenden Krisen hat es sich gezeigt, wie wichtig eine regionale Vernetzung der Ärzteschaft ist.
Mit den offiziellen Strukturen hätten wir nicht so schnell und erfolgreich die Menschen im Kreis Ahrweiler versorgen können. Unser Ärztenetz hat sich mehr als bewährt!

 

Dr. Michael Berbig

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