Die Gesundheitsversorgung im Ahrtal kehrt allmählich zur Normalität zurück
von Dr. med Henning Jaeschke
Bad Neuenahr-Ahrweiler. Gut ein Vierteljahr nach der verheerenden Flutkatastrophe im Juli funktioniert die Gesundheitsversorgung im Ahrtal wieder auf gutem Niveau. Die meisten niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, die zu einem großen Teil selbst von der Flut betroffen waren, betreuen ihre Patienten wieder vor Ort. Einige können nach den oft notwendigen Reparaturen von Einrichtungen und Medizintechnik die eigenen Praxisräume nutzen. In manchen Praxen wurde die komplette Einrichtung zerstört, so dass die Ärzte in andere Räumlichkeiten ausweichen mussten. Nur wenige Ärzte haben ihre Tätigkeit ganz aufgegeben.
Die gute Nachricht für die Menschen im Ahrtal: Zu Beginn der kalten Jahreszeit ist bei akuten Problemen, aber auch für notwendige Kontroll- und Vorsorgeuntersuchungen und die jetzt so wichtigen Grippeschutz- und Corona- Auffrischungsimpfungen eine verlässliche wohnortnahe ärztliche Versorgung gesichert.
Ab Juli waren zunächst pragmatische und flexible Lösungen erforderlich, um angesichts der Zerstörungen überhaupt eine medizinische Versorgung der Menschen zu gewährleisten.
Mobilen Arztpraxen (Container) wurden am Ahrweiler Bahnhof und zunächst in Dernau und dann später in Rech vom DRK zur Verfügung gestellt und vom Ärztenetz (Dr. Kaesler u. Dr. Berbig) betreut und besetzt. Dank an die Ärzte u. Schwestern des Krankenhauses Maria-Hilf und der Klinik Niederrhein, die die ersten Wochen dort Dienst machten und Patienten versorgten. Parallel dazu übernahmen die Niedergelassene Kolleginnen und Kollegen des Ärztenetzes die Versorgung.
Statt in den Sommerurlaub zu fahren, kümmerten sie sich in den betroffenen Orten unter erschwerten Bedingungen um die Versorgung von Wunden, behandelten Infekte, stellten notwendige Rezepte aus, regelten in Zusammenarbeit mit den Apotheken die Medikamentenbeschaffung und sorgten dafür, dass auch die Corona-Impfungen weitergehen konnten. Von einem geregelten Praxisalltag mit festen Arbeitszeiten konnte nicht die Rede sein – oft musste improvisiert werden, weil es keine Praxisräumlichkeiten gab, die medizinische Geräte fehlten oder wegen Stromausfalls nicht genutzt werden konnten. Aber mit Ideenreichtum, Flexibilität und Engagement konnte vieles gemeinsam mit den Patienten auf die Beine die gestellt werden. Auch die mobile Arztpraxis der KV RLP in einem Arztpraxisbus der Deutschen Bahn am Bad Neuenahrer Bahnhof konnte bis Ende September vielfach wichtige Hilfe leisten.
Auch im stationären Bereich hat sich die Lage zwischenzeitlich deutlich verbessert. Viele Kliniken erlitten Beschädigungen an der Infrastruktur, vier – die Dr. von Ehrenwall´sche Klinik, die DRK Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und das Gefäßzentrum Dr. Bauer mussten evakuiert werden. Einige haben aus der Not eine Tugend gemacht und zwischenzeitlich – bis zur Wiederherstellung der stationären Infrastruktur – Patienten ambulant versorgt.
Glücklicherweise konnte das Maria-Hilf-Krankenhaus in Bad Neuenahr bereits Mitte August den stationären Betrieb Zug um Zug wieder aufnehmen. Zudem stellte das Krankenhaus anderen betroffenen Kliniken und einer Praxis Ausweich-räumlichkeiten zur Verfügung. So konnte beispielsweise das Gefäßzentrum Dr. Bauer Ende September eine Station im Maria-Hilf-Krankenhaus übernehmen. Da-durch ist es möglich, wieder Patienten zu betreuen, bei denen eine Gefäß-oder Darmoperation mit stationärem Aufenthalt erforderlich ist. OP-Vorbereitung und Nachsorge und die gefäßchirurgische Sprechstunde finden weiterhin in der Praxis Dr. Bauer in Adenau statt.
Die Dr. von Ehrenwall’sche Klinik, die wie mehr als 20 Kliniken in der Region vom Hochwasser stark betroffen war, konnte zwar als Schwerpunktklinik für die psychiatrische Versorgung im Kreis den stationären Betrieb noch nicht wiederaufnehmen. Menschen mit psychischen Problemen können sich aber an die Institutsambulanz der Klinik wenden, die inzwischen an fünf verschiedenen Standorten wieder Praxen eingerichtet hat.
Natürlich wird es noch lange Zeit benötigen, bis die einstigen Versorgungs-strukturen mit Arztpraxen, Klinken, Reha Einrichtungen und Kurkliniken im Ahrtal wieder vollständig hergestellt sind. Aber die ersten, wichtigen Grundsteine sind gelegt.